Das Phasenmodell für Berlin
Die Wärmeversorgung der Hauptstadt ist heute stark durch den Einsatz von Erdgas geprägt. Erdgas ist heute mit ca. 65 % die Grundlage für die Wärmeversorgung in Berlin. Rund die Hälfte der zu beheizenden 360.000 Gebäude sind an das Gasnetz angeschlossen und werden direkt mit Erdgas versorgt. Zudem nutzen die Kraftwerke, die im Berliner Stadtgebiet Wärme erzeugen, zu 75 % Erdgas.
Wasserstoff ist für das Berliner Gasnetz kein unbekanntes Element. Berlin wird seit fast 180 Jahren mit Gas versorgt. Das bis 1996 benutzte und aus Kohlenwasserstoffen (Kohle, Öl, Benzin) hergestellten Stadtgas, enthielt bereits Wasserstoff. Nachdem die NBB das Netz auf Erdgas umgestellt hat, ist die Nachfrage an Erdgas stetig gestiegen. Aktuell wird der Bedarf in Berlin noch fast ausschließlich durch fossiles Erdgas gedeckt, seit 2010 wird es ergänzt durch Biogas. Beide Gase, sowohl Biogas als auch Wasserstoff, können einen Teil zur Dekarbonisierung beitragen.
Die Rolle von Gasen im Energiesystem wird sich stark wandeln. Grüne Gasen in Form von Wasserstoff und Biogas, werden in Deutschland zunehmend fossile Gase ersetzen müssen. Dies erfolgt sowohl durch 100% Wasserstoff-Netze, aber kann auch durch eine Beimischung von Wasserstoff zu Erdgas oder Biogas geschehen. Bis 2045 soll in Deutschland kein fossiles Erdgas mehr verbraucht werden, so dass die Gasversorgung auf CO2-freien Wasserstoff sowie Biogas umgestellt werden muss.
Aufbau von Wasserstoffnetzen in Berlin für die Nah- und Fernwärmeerzeugung und Quartierslösungen
Der Wechsel von Erdgas zu Wasserstoff kann in Berlin nicht von heute auf morgen erfolgen, sondern nur in Phasen. Zunächst bereitet die NBB bis 2030 den Anschluss der großen Heizkraftwerke an das entstehende deutsche Wasserstoffnetz (Wasserstoff-Backbone) vor. Der Grundgedanke lautet: von den größten zu den kleinsten Netzanschlüssen und von den Transport- zu den Verteilnetzen. Dafür rüstet die NBB die bestehende Hochdruckleitung (HDL) Berlin Ost, die Gas von der Übernahmestation nordöstlich von Berlin über Marzahn nach Berlin-Mitte transportiert, um: von Erdgas auf Wasserstoff.
Parallel dazu wird die Umstellung der aus Richtung Süden kommende Hochdruckleitung Berlin West bis 2030 vorbereitet. Die Westleitung verbindet die großen Verbraucher in den Stadteilen Wilmersdorf und Charlottenburg miteinander.
Mit diesen zwei Wasserstoffleitungen und dem Aufbau lokaler Wasserstoff-Hubs entlang dieser zwei Trassen ließen sich um die 50% des heutigen Berliner Gasbedarfs auf klimaneutralen bzw. treibhausarmen Wasserstoff umstellen. Damit wäre eine wichtige Etappe auf dem Weg zu einer klimaneutralen Hauptstadtregion erreicht. Nebenbei wäre Berlin den Schwankungen im Aufkommen von Strom aus Solar und Windkraft deutlich weniger ausgeliefert als in einem rein strombasierten System. Eine Stromversorgung, die mit grünen Gasen abgesichert wird, trägt zur Resilienz des Berliner Energiesystems bei.
Technische Gutachten mit wissenschaftlicher Begleitung des TÜV und der DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH haben der Transportleitung im östlichen Berlin bereits 2022 die Wasserstofftauglichkeit attestiert und die wenigen erforderlichen Maßnahmen zur Herstellung der -Wasserstofftauglichkeit bestimmt. Die Leitung Berlin-West wird im Jahr 2023 dieser Prüfung unterzogen und zugleich wird ermittelt, an welchen Stellen Investitionen in Anlagen und Armaturen erforderlich sind.
Die NBB ist bereit für den Aufbau einer leitungsgebundenen Wasserstoffinfrastruktur – für eine klimaneutrale Hauptstadtregion.
Mit der Verteilnetzkarte für Berlin zeigt die NBB konkrete Bauvorhaben und Optionen für eine potenzielle Wasserstofftransportnetz-Infrastruktur in Berlin auf, die im Wesentlichen auf der vorhandenen Gastransportleitungsinfrastruktur basieren.
Industriestandorte in Berlin profitieren vom Aufbau eines Wasserstoffnetzes
Die zweite Phase beinhaltet die Erweiterung des zuvor aufgebauten Berliner-Wasserstoff-Backbone. Dadurch werden nach und nach Großabnehmer vom Berliner Wasserstoff-Netz profitieren. Zunächst werden Anschlüsse >30MW, die nah an den beiden Wasserstoff-Hochdruckleitungen liegen, angeschlossen. Später kommen weiter entfernt liegende Gebiete hinzu.
Bis 2035 könnten so 60 % der heute in Berlin verbrauchten Gasmenge dekarbonisiert sein. In Wohnquartieren mit hocheffizienten Blockheizkraftwerken lässt sich Wasserstoff auch für die dezentrale Strom- und Wärmeversorgung nutzen.
In einer dritten Phase könnten bei Bedarf sukzessive einzelne Wohn- und Gewebequartiere an das Wasserstoffnetz angeschlossen werden. Aufgrund der Unwägbarkeiten hinsichtlich politischer und regulatorischer Rahmenbedingungen, der Verfügbarkeit von CO2-freiem Wasserstoff sowie der entstehenden Kosten, legt die NBB den Fokus aber zunächst auf die ersten beiden Phasen.